Das konventionelle Drehen ist nach wie vor ein unverzichtbarer Bestandteil in der Metallbearbeitung. Auch wenn moderne CNC-Drehmaschinen heute die Serienfertigung dominieren, bleibt das Drehen von Werkstücken per Handführung eine essenzielle Methode – sei es in der Ausbildung, beim Nachbearbeiten oder in Werkstätten mit Einzelanfertigung. Ein Dreher muss dabei präzise Technik und Sicherheit im Umgang mit den Maschinen beherrschen, um qualitativ hochwertige Dreharbeiten durchführen zu können.
In diesem Artikel erfährst du, was konventionelles Drehen ausmacht, welche Maschinen und Werkzeuge verwendet werden, wie Werkstücke eingespannt werden – und warum es auch heute noch Sinn macht, die konventionelle Methode zu beherrschen.
Was bedeutet konventionelles Drehen?
Konventionelles Drehen ist ein spanabhebendes Fertigungsverfahren, bei dem das Werkstück in eine drehende Spannvorrichtung eingespannt wird. Die Bearbeitung erfolgt durch manuelles Bewegen des Werkzeugs (meist Drehmeißel) mittels Handrädern oder Vorschubhebeln.
Im Gegensatz zum CNC-Drehen erfolgt die Werkzeugführung nicht automatisiert, sondern durch den Maschinenbediener – mit dem Vorteil direkter Kontrolle und hoher Flexibilität bei Einzelstücken. Dies erfordert das Fingerspitzengefühl des Facharbeiters, um präzise und qualitativ hochwertige Ergebnisse zu erzielen.
Typische Merkmale:
- Vorschubbewegung erfolgt über Handräder oder manuelle Vorschubhebel
- Bearbeitung erfordert fundierte Kenntnisse in Werkstoffkunde, Maßhaltigkeit und Maschinenführung
- Ideal für Einzelanfertigungen, Einstieg in die Zerspanung und Ausbildungszwecke
Aufbau einer konventionellen Drehmaschine

Eine konventionelle Drehmaschine besteht aus mehreren zentralen Komponenten, die alle per Hand bedient werden:
- Maschinengestell: Trägt sämtliche Komponenten und sorgt für Stabilität
- Spindelstock: Beinhaltet die Antriebseinheit und das Spannfutter, in dem das Werkstück rotiert
- Reitstock: Dient der Abstützung langer Werkstücke oder zum Einbringen von Bohrungen
- Planschlitten & Oberschlitten: Zur Werkzeugführung in X- und Z-Richtung, beweglich über Handräder
- Werkzeughalter: Aufnahme für Drehmeißel, die schnell gewechselt werden können
- Spindel: Überträgt die Drehzahl auf das Werkstück
- Räder, Stellräder und Hebel: Zur manuellen Verstellung von Vorschub und Zustellung. Stellräder ermöglichen es Facharbeitern, über den Oberschlitten die Winkel einzustellen, um die Bearbeitung von runden Werkstücken zu optimieren und die nötigen Schnittgeschwindigkeiten zu erreichen.
Moderne konventionelle Maschinen verfügen zusätzlich über Digitalanzeigen, um Maße präzise einstellen zu können.
Typische Anwendungsbereiche
Das konventionelle Drehen kommt vor allem in diesen Bereichen zum Einsatz:
- Ausbildung: Ideale Methode, um das Verständnis für Werkzeugführung, Schnittbedingungen und Maßhaltigkeit zu erlernen
- Einzelfertigung & Prototypen: Für Werkstücke mit speziellen Anforderungen oder in Kleinserie
- Nachbearbeitung: Zum Beispiel von CNC-gefertigten Teilen mit Maßkorrektur
- Werkstätten & Reparaturbetriebe: Flexible Bearbeitung ohne Programmierung
Auch im Rahmen von Weiterbildung oder internen Schulungen sind konventionelle Maschinen unverzichtbar, um praktische Fertigkeiten zu vermitteln. Die Inhalte der Weiterbildung umfassen dabei sowohl theoretische Grundlagen als auch praktische Übungen, die auf die spezifischen Anforderungen der Teilnehmer abgestimmt sind.
Werkstücke beim konventionellen Drehen richtig einspannen
Eine solide Spannung ist Voraussetzung für präzises und sicheres Drehen. Die Auswahl des richtigen Spannmittels hängt vom Werkstück, seinem Durchmesser, der Länge und dem Material ab. Fachkräfte müssen in der Lage sein, die Zentrierbohrung präzise zu setzen und die Zentrierung der Werkstücke korrekt durchzuführen, um eine sichere und erfolgreiche Bearbeitung zu gewährleisten.
Gängige Spannmittel:
- Dreibackenfutter: Für runde Werkstücke bis ca. 300 mm Durchmesser
- Vierbackenfutter: Zum Spannen asymmetrischer Formen oder Rechtecke
- Planscheibe mit Spannpratzen: Für unregelmäßige Geometrien
- Reitstock mit Körnerspitze: Zur Stabilisierung bei langen Werkstücken
Tipp: Der Rundlauf sollte vor Bearbeitungsbeginn mit Messuhr kontrolliert werden. Bei Abweichungen >0,05 mm: Werkstück neu ausrichten!
Drehverfahren an der konventionellen Maschine
Im klassischen Drehverfahren wird zwischen mehreren Bearbeitungsarten unterschieden:
- Längsdrehen: Das Werkzeug bewegt sich parallel zur Drehachse → Zylindrische Formen
- Plandrehen: Bewegung senkrecht zur Achse → Planflächen
- Abstechdrehen: Trennung eines Werkstücksegments
- Gewindedrehen: Herstellung metrischer oder zölliger Gewinde
- Einstechdrehen: Einbringen von Nuten
Sonderfall: Beim Formdrehen entstehen komplexe Konturen – etwa durch manuelle Konturführung oder mit spezieller Zeichnung. Die Kontur beschreibt die Form, die durch das Werkzeug, den Drehmeißel, beim Bearbeiten des Werkstücks erzeugt wird.
Werkzeugwahl beim konventionellen Drehen
Entscheidend für die Bearbeitungsqualität ist die Auswahl des richtigen Drehmeißels. Er besteht in der Regel aus:
- Hartmetallplatte oder HSS (für niedrigere Drehzahlen)
- spezifischer Geometrie (z. B. Schruppmeißel, Schlichtmeißel, Gewindemeißel)
- optimierter Schneidkante und Radius (Ein ungenauer Radius kann die Passgenauigkeit und die Qualität der gefertigten Teile beeinträchtigen)
Wichtig: Der Einstellwinkel und der Freiwinkel müssen auf das Verfahren abgestimmt sein, um optimale Spänebildung zu erreichen.
Wichtige Einstellwerte: Vorschub, Schnittgeschwindigkeit, Drehzahl
Beim konventionellen Drehen berechnet der Bediener die Bearbeitungswerte manuell oder entnimmt sie Tabellen.
✏️ Relevante Parameter:
- Drehzahl: abhängig vom Werkstückdurchmesser und Werkstoff
- Schnittgeschwindigkeit: meist zwischen 40 und 200 m/min
- Vorschub: 0,05 – 0,5 mm/U je nach Anforderung (Schruppen/Schlichten)
- Schnitttiefe: in der Regel 0,5 – 3 mm
Faustformel für Drehzahl:
n = (vc × 1000) / (π × d)
vc = Schnittgeschwindigkeit (m/min), d = Durchmesser (mm)
Sicheres Arbeiten an der konventionellen Drehmaschine
Sicherheit steht an erster Stelle. Ein sicherer Umgang mit der Drehmaschine ist unerlässlich, um Unfälle zu vermeiden und qualitativ hochwertige Ergebnisse zu erzielen. Vor jedem Arbeitsgang gilt:
- Werkstück fest und sicher im Spannfutter fixieren
- Reitstock und Spitzen korrekt einsetzen
- Nur mit enger Kleidung und ohne Handschuhe arbeiten
- Vor dem Einrichten: Maschine spannungsfrei machen
- Werkzeug auf festen Sitz und saubere Schneide prüfen
- Späne regelmäßig entfernen, nicht mit der Hand!
Wartung & Pflege der Maschine vermeiden Langzeitschäden und erhöhen die Lebensdauer.
Typische Fehler und wie man sie vermeidet
Beim konventionellen Drehen passieren die meisten Fehler durch:
- Falsche Spannung → Ungenauer Rundlauf, schlechter Spanabfluss
- Zu hohe Schnittgeschwindigkeit → Werkzeugverschleiß, Gratbildung
- Falscher Drehmeißel → Rattermarken, Maßabweichung
- Ungeeignete Vorschubeinstellung → Vibrationen, schlechter GlanzFeatured Snippet:
Was sind typische Fehler beim konventionellen Drehen?
Fehler wie falsche Werkstückspannung, unpassende Vorschubeinstellungen oder stumpfe Werkzeuge führen beim konventionellen Drehen zu Maßabweichungen, Rattermarken und schlechter Oberflächenqualität.
Konventionell vs. CNC drehen– Wann lohnt sich was?
Kriterium | Konventionelles Drehen | CNC-Drehen |
---|---|---|
Steuerung | Manuell (Handräder) | Programmierbar |
Stückzahl | Einzelteile, Prototypen | Serienfertigung |
Rüstzeit | Kurz | Höher bei Erststück |
Genauigkeit | Bediener abhängig | Wiederholgenau |
Ausbildungswert | Hoch | Mittel |
Konventionelles Drehen lohnt sich immer dann, wenn es um Flexibilität, Schnelligkeit und Kostenersparnis bei Einzelteilen geht. Der Unterschied zwischen konventionellem und CNC-Drehen liegt darin, dass beim CNC-Drehen viele Prozesse computergesteuert ablaufen, was zu Zeitersparnis und Wiederholbarkeit führt, während das konventionelle Drehen manuelle Fähigkeiten und Erfahrungen des Facharbeiters erfordert, da alle Schritte manuell ausgeführt werden müssen.
🧾 Fazit: Konventionell bleibt unverzichtbar
Das konventionelle Drehen ist mehr als nur ein Relikt vergangener Tage – es ist ein essenzielles Verfahren für Werkstätten, Ausbildungen und Spezialanfertigungen. Trotz des Einsatzes moderner Maschinen ist das Fachwissen und die Geschicklichkeit von Experten entscheidend, um die Qualität der Bearbeitung sicherzustellen. Mit dem richtigen Spannfutter, passenden Drehmeißeln und einer soliden Einstellung der Drehzahl und Vorschubwerte lassen sich präzise Werkstücke auch ohne CNC-Anlage fertigen.
Gerade in Zeiten von High-Tech ist Handarbeit ein Qualitätsmerkmal. Wer die Grundlagen des konventionellen Drehens beherrscht, versteht auch CNC-Bearbeitung auf einer tieferen Ebene.